Kultur

Künnisfelder Mundartabend feiert in zwei Jahren Silber-jubiläum


Königsfeld. „Es wäre schön, wenn in zwei Jahren beim Silberjubiläum des Künnisfelder Mundartabends mal alle Ortsbürgermeister des Brohltals zu Gast wären“, warf Elisbaeth Dahr, die VG-Bürgermeister Johannes Bell vertrat, schon den Blick nach voraus. Zu der nach mehr als dreieinhalb Stunden zu Ende gegangenen 23. Auflage meinte: „Manches von dem, was unsere heimischen Mundartkünstler von sich gegeben haben, kam mir sehr bekannt vor. Fast wie daheim, habe ich manchmal gedacht.“

Reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist: Das kann man am besten in der Sprache, die man früher mit der Muttermilch aufgesogen hat - im jeweilige Dialekt. Und der ist bekanntlich sehr vielfältig und ändert sich bereits in Nuancen im Nachbarort, wie vor allem wieder mal Michael Wissner (Waldorf) in seinen „Gedanken zum Eifler Platt“ zu Gehör brachte und an vielen Beispielen verdeutlichte. „Oft werden die Begriffe gleich geschrieben, bekommen aber durch eine veränderte Betonung eine völlig andere Bedeutung.“ Karl-Heinz (Kalli) Kurth, der 1999 mit Kirsten Zipp die Veranstaltung ins Leben rief, machte als Moderator den Anfang und das treue Publikum mit „Dem Hirtmester von Künnisfeld“ bekannt, der nach einer großen Feuersbrunst im Jahre 1710 nicht nur auf das Vieh, sondern auch nachts auf die Dorfbewohner aufpasste.

Das aktuelle Programm stellte erneut nachdrücklich unter Beweis, dass es sich lohnt, den jeweils gesprochenen Dialekt intensiv zu pflegen und zu bewahren. Zu den Männern und Frauen der ersten Stunde – Kalli Kurth und Marianne Breuer (Dedenbach) waren als einzige von insgesamt bisher über 50 Mitwirkende immer mit von der Partie  – gesellen sich immer wieder neue Hobby-Autoren. Im Vorjahr war es Rudolf Reinhardt, der erst als 85-Jähriger seine Premiere feierte und bei seinem zweiten Auftritt „Von allem jet“ zu berichten wusste. Besonders hatten es ihm seine lieben Nachbarn und die Oma angetan. Geimpft ist der Pensionär bereits gegen vieles, es fehle nur noch eine Immunisierung gegen Erdbeben.

Die 88-jährige Marianne Breuer widmete dem heimischen Dedenbach ein Liebesgedicht und beklagte sich über die Launen der Zeit. Rita Kreyer, eine gebürtige Hainerin, die seit 48 Jahren in Dedenbach lebt, kam zum Ergebnis, dass sie sich nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich verändert habe. In ihrem Beitrag „Esch kann och anecht“ berichtete sie davon, wie sie sich endlich mal ganz energisch gegenüber ihrem „besserwissenden“ Ehemann durchgesetzt hatte. Inzwischen als Obermöhn in Königsfeld völlig akklimatisiert, sind bei Brigitte Frahn die norddeutschen Wurzeln noch vorhanden. Bei ihrem manuskriptfrei vorgetragenen Gedicht in holsteinischem Platt musste man als Eingeborener die Ohren zwar mächtig spitzen, konnte aber dennoch mitzubekommen, wie sie mit „Junge Lüüd“ (jungen Leuten) bestens klarkommt, weil sie nicht auf den Mund gefallen ist und vorzüglich parieren kann, wenn ein Jüngling ihr zu respektlos gegenübertritt.

Im Dreierpack waren diesmal Frauen von der Ahr vertreten. Bei Irene Thöing aus Heimersheim bekamen die Zuschauer Mitleid mit den „Bippsche on Glückelsche“, die bei einem Unfall zu Tode kamen. Immerhin bekamen alle 17 ein Kreuz auf ihr Grab gestellt. Von Margret Nischalke aus Ahrweiler erfuhr man, wie die Römer den Wein an die Ahr gebracht haben und von der Glocke aus Laach bei Mayschoß, welche die Flut des Jahres 1804 überstanden hat. Mechthild Hennecke aus Bad Boden entpuppte sich als glühender Fan des dorigen Thermalbades, wo schon Romy Schneider und Rudolf Schock gebadet hatten, und hofft inständig, dass es, nachdem es „in der Flut baden gegangen ist“, komplett wieder aufgebaut wird. Willi Fuhrmann aus Niederzissen ist Stammgast. Diesmal gab er einige „Stöckelche“ zum Besten, die vom inzwischen verstorbenen Heinz Schröder, genannt „Manes“, stammen und von Josef Schneider aufgeschrieben wurden. Hier erfuhr man auch, dass der Geißbock sonntags während des Hochamts nicht seiner Bestimmung zur Nachwuchsförderung nachgehen durfte.

Aus Kalkül hatten die Programmplaner Jutta Bell aus Kempenich am Ende platziert. Sie hatte diesmal ein zweiaktiges Christbaum-Drama mitgebracht, das sie dem Publikum anschaulich, mit kräftigen Flüchen und Beschimpfungen versehen und schauspielerisch gekonnt darbot. Während der erste Teil die Beschaffung des Christbaumes oder besser gesagt zweifelhaften und mit viel Alkohol begleiteten Versuchen beschrieb, gipfelte Akt Nummer zwei darin, dass der Baum den Turbo-Drehwurm bekam und die um ihn versammelte Großfamilie in Angst und Schrecken versetzte.

Am Gelingen des Abends waren neben den genannten Mundart-Autoren beteiligt: die Möhnen aus Königsfeld, die seit 18 Jahren in die Organisation eingebunden sind, Peter Schäfer (Brenk), der wieder für die farbenprächtige Dekoration gesorgt hatte und das gesamte Geschehen auf der Bühne filmisch festhielt, Ortsbürgermeister Günter Dietzler, der die Gäste begrüßte und sich dann in die Helferschar einreihte, sowie Elisabeth Hilger, die bei der Verbandsgemeinde Brohltal für den Fachbereich Kultur zuständig ist. Den musikalischen Part hatte erneut Helmar Hofmann (Sinzig) übernommen, der mit seinen Liedern stets begeistert, zum Mitsingen animiert und bei der neuen Eigenkomposition „Gottes Mühlen mahlen langsam“ auch als Mutmacher agierte. (hjs)

Bildunterzeile:

Die Mitwirkenden des 23. Mundartabends auf einen Blick